Der Tag X

Während den ersten fünf Monaten gelang es mir erfolgreich meine Krankheit zu verbergen und es entwickelte sich eine innige Liebe zwischen uns. Ich merkte allerdings immer mehr, dass meine Ausdauer und Belastungsfähigkeit wieder abnahm und da meine Freundin von Nichts wusste, konnte sie es auch nicht verstehen. Als sie des Öfteren mit mir spazieren oder wandern wollte und ich sie jedesmal abwimmelte mit der Begrundung, dass ich nicht mag, dachte sie wohl einfach ich sei faul.

Anfang Dezember war es dann aber soweit. Als wir von einem kurzen Spaziergang nach Hause laufen wollten konnte ich nicht mehr. Ich musste alle 5 Minuten anhalten und mich erholen, bis sie schliesslich das Auto holte und mich nach Hause fuhr. Am Abend musste ich dann wohl oder übel meine Karten auf den Tisch legen, und besonders schöne Karten waren dies nicht. Ich sagte ihr, dass ich Cystische Fibrose habe und und erklärte ihr grob die Umrisse der Krankheit. Für eine detaillierte Schilderung war mehr Zeit nötig und ich bat sie keinesfalls Google zu benutzten, denn Google liefert die unverfälschte, schreckliche Wahrheit.

Vielleicht hätte ich diese letzte Ermahnung besser nicht gemacht, denn verbotene Früchte sind süss und sie konnte es natürlich nicht lassen. Völlig aufgelöst musste ich sie am nächsten Abend beruhigen und ihr klar machen, dass ich einen leichten Krankheitsverlauf habe sie die Sache individuell betrachten soll und sich schon gar nicht auf publizierte Lebenserwartungszahlen fixieren soll. Ein schwieriges Gespräch...

Dass ich zwei Tage später für eine weitere IV Therapie für zwei Wochen ins Spital musste, machte die Sache nicht einfacher. Wir mussten die geplante Salzburgreise absagen und meine Freunde nahm stattdessen jeden Abend die Reise zu mir ins Spital auf sich. (Das Thema Salzburg war dabei noch nicht abgeschlossen, denn beim zweiten Versuch einige Jahre später mussten wir die Reise wieder abbrechen, dann jedoch wegen einer Magendarmkrankheit von meiner Freundin. Es ist wohl eine Ironie des Schicksals, Salzburg mag wohl keine Gäste mit einem gestörten Salzhaushalt ;-)) Jedenfalls erholte ich mich abermals schnell und gut von dieser Therapie und nach vielen Gesprächen konnte sich meine Freundin an die Situation gewöhnen.